Marni: Kreativdirektor Francesco Risso verlässt das italienische Modehaus
Marni ist das nächste Modehaus, bei dem ein spannender Kreativdirektor:innen-Wechsel ansteht.
Francesco Risso verlässt Marni nach fast zehn Jahren als Kreativdirektor. Die Nachricht wurde heute Morgen von OTB, dem Mutterkonzern von Marni, gegenüber Vogue Business bekannt gegeben. Risso, der auf einem Segelboot geboren wurde, übernahm 2016 in einer anspruchsvollen Phase das Steuer des Hauses. Trotz seiner anfänglichen Unerfahrenheit als Kreativchef navigierte er erfolgreich durch eine heftige erste Welle negativer Kritik und führte eines der eigenwillig-kreativsten italienischen Modelabels in eine neue Ära des Erfolgs und kultureller Relevanz.
Renzo Rosso, Vorsitzender der OTB-Gruppe, der Risso damals in die Führungsposition bei Marni berief, sagte: "Francesco hat den Geist und die Werte des Hauses verinnerlicht und gemeinsam mit dem Team auf neue Ebenen gebracht. Er hat die Grundlage für ein neues und spannendes Kapitel von Marni gelegt. Francesco ist ein einzigartiger Designer und ein Künstler durch und durch, und ich wünsche ihm für die Zukunft nur das Beste." Risso selbst sagte: "Ich werde Renzo immer dankbar sein, dass er an mich geglaubt und mir den Platz in der ersten Reihe für eine Reise gegeben hat, die weit mehr wurde, als ich mir je hätte vorstellen können. Marni war für mich ein Atelier, eine Bühne, ein Traum. Es trug Farbe, Instinkt und Fürsorge in sich und gab Menschen Raum, sie selbst zu sein. Es hat mich gelehrt, mit Gefühl zu gestalten und wie kraftvoll wahre Zusammenarbeit sein kann. Danke an das gesamte Marni-Team und an alle Freund:innen, die mich auf diesem Weg begleitet haben – auf viele weitere außergewöhnliche Reisen!"
Tracee Ellis Ross und Paloma Elsesser backstage bei der Herbst/Winter-2025-Show von Marni.
Francesco Risso backstage bei der Marni Herbst/Winter-2025-Show neben Tracee Ellis Ross.
OTB hat die oder den Nachfolger:in von Risso bislang nicht bekannt gegeben. Wann immer diese Entscheidung getroffen wird, wird sie einen kreativen Dreiklang innerhalb der Gruppe vervollständigen – nach der Ernennung von Simone Bellotti bei Jil Sander und Glenn Martens’ neuer Doppelrolle als Kreativdirektor von Maison Margiela sowie weiterhin von Diesel, der wichtigsten wirtschaftlichen Säule von OTB. Durch den jüngsten Weggang von Lucie Meier, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Luke als Co-Kreativdirektorin bei Jil Sander tätig war, verfügt das Haus nun über keine weibliche kreative Führung mehr. Dies könnte die Überlegungen der Gruppe beeinflussen, während sie sich auf die Besetzung der Position bei Marni vorbereitet. OTB will weiterhin seine beeindruckende Bilanz fortsetzen, dynamische und unkonventionelle Kreative an die Spitze seiner Marken zu stellen.
Risso sollte zweifellos zu diesen zählen. Seine Ernennung war ein besonders mutiger Schritt zu einer heiklen Zeit – sowohl für Marni als auch für OTB. Unter der Leitung des Gründers Renzo Rosso hatte OTB 2012 zunächst 60 Prozent von Marni übernommen und 2015 die vollständige Kontrolle erlangt. Dabei wurden die Gründerin Consuelo Castiglioni und ihr Ehemann Gianni ausgekauft. Die in der Schweiz geborene Castiglioni hatte Marni 1994 als Ableger des familieneigenen Pelzgeschäfts gegründet. Die Marke erhielt ihren Namen zu Ehren des Spitznamens von Castiglionis Stiefschwester Marina. Nach den anfangs pelzlastigen Kollektionen entwickelte sich Marni zu einem viel breiter gefächerten und eklektischen Label. Damals wurde Marni für seine farbenfrohe Abstraktion, den frühen Einsatz recycelter Materialien und seine klischeefreien Silhouetten geliebt – und seine weibliche Führung. Sowohl innerhalb des Designstudios als auch unter den treuesten Fans der Marke kam es infolge der OTB-Übernahme zu Spannungen. Diese erreichten ihren Höhepunkt, als Castiglioni 2016 von der Kreativdirektion zurücktrat und Renzo Rosso Francesco Risso als ihren Nachfolger präsentierte.
Diese Situation erinnerte in Teilen an den Wechsel von Phoebe Philo zu Hedi Slimane bei Céline zwei Jahre später – eine Veränderung, die von Philo-Anhänger:innen scharf kritisiert wurde. Während Slimane jedoch bereits eine etablierte Reputation besaß, kam Risso als nahezu unbeschriebenes Blatt zu Marni und sah sich ähnlichen Widerständen gegenüber. Rosso hatte ihn direkt aus dem Designstudio bei Prada geholt, wo Risso acht Jahre lang mit Miuccia Prada zusammengearbeitet hatte – eine Zeit, die er als "Surfen im Kopf" beschrieb. Zuvor hatte er bei Alessandro Dell’Acqua in Mailand und Anna Molinari bei Blumarine in Carpi gearbeitet, nachdem er seine Ausbildung unter Louise Wilson am Central Saint Martins in London abgeschlossen hatte.
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