Ich habe ein Sexual-Wellness-Retreat getestet – so war es

Sexual Wellness: VOGUE-Autorin Danijela Pilić hat ein Retreat im luxurösen SHA Spain gemeinsam mit ihrem Partner getestet.
Während mein mit Ozongas angereichertes und dadurch erstaunlich helles Blut wieder intravenös in meinen Körper zurückfließt, hoffe ich auf das unfassbare Energielevel, das mein Lebenspartner seit der gleichen Behandlung an den Tag legt. Als hätte jemand einen Superheldenbooster in ihm gezündet, enthusiastisch und voller Vorfreude auf Akupunktur, Kryotherapie und die köstlichen Mahlzeiten ohne Fleisch, Milchprodukte, Eier, Zucker, Salz, Koffein und Alkohol – alles Treatments und Gerichte, denen er vorgestern noch skeptisch gegenüberstand.
Wie lange dauert es, bis der volle Ozongas-Effekt eintritt, frage ich die Mitarbeiterin im superluxuriösen SHA Spain in der Nähe von Alicante. Bei ihr setze er nach zwei bis drei Tagen ein. Mein Partner und ich befinden uns mitten in einem "Rebalance & Energize"-Programm – mit einem besonderen Augenmerk auf Sexual Wellness. Man kann das "Sexual Wellbeing"-Add-on hier als Ergänzung zu den regulären Wellness-Anwendungen im Resort buchen. Übrigens nicht nur als Paar, sondern auch als Einzelperson.
Doch was ist Sexual Wellness überhaupt?Buzzword oder Bewusstseinserweiterung hinsichtlich der eigenen Bedürfnisse? Weltweit haben sich die Google-Suchanfragen nach dem Begriff in den letzten Jahren verdoppelt. Es wird erwartet, dass die globale Sexual-Wellness-Branche bis 2028 auf 81,4 Milliarden US-Dollar anwächst, gegenüber 51,9 Milliarden US-Dollar im Jahr 2021, so ein Bericht des Marktforschungsunternehmens The Insight Partners. Sexual Wellbeing als neues Spielfeld der Monetarisierung des Wellness-Sektors abzutun, wäre aber falsch: Noch vor einigen Jahren verstand man unter "Gesundheit" schlichtweg die Abwesenheit von Krankheiten und lediglich das körperliche Wohlbefinden. Inzwischen ist selbstverständlich, dass dazu auch die mentale Gesundheit gehört. Und eben auch: die Sexualität.
Wie also kann man die eigene Sexual Wellness verbessern und für sich nutzen?Psychologin Dr. Cinthya Molina leitet die 2023 gegründete Sexual-Wellness-Abteilung im SHA Spain und räumt sogleich mit dem Irrglauben auf, es gehe nur um sexuelle Aktivitäten: "Sexualität ist viel mehr als das; sie umfasst emotionale, psychologische, soziale und kulturelle Aspekte. Sie ist ein wesentlicher Teil der Identität eines Menschen und beschränkt sich nicht auf Körperliches." Sie betont zudem, dass das sexuelle Wohlbefinden einen wesentlichen Einfluss auf das allgemeine habe: "Die sexuelle Gesundheit ist eng mit der körperlichen und geistigen Gesundheit verbunden. Ein gesundes Sexualleben kann die Stimmung und die generelle emotionale Verfassung verbessern. Sex kann das Immunsystem unterstützen, sich positiv auf den Schlaf auswirken, Ver- trauen auf- und Stress abbauen. Für mich ist sexuelles Wohlbefinden eine Reise zu Authentizität, Freiheit und Lebensfreude."
Auf dieser Reise befinden wir uns gerade. Und so werden bei der Diagnostik nicht nur der Blutdruck und die Elastizität der Arterien gecheckt, der kardiovaskuläre Status und die Aktivität des Nervensystems analysiert, die Muskel- und Fettanteile des Körpers in 3D gescannt, kognitive Funktionen analysiert; es wird auch mit einer Psychologin und einem Hormonspezialisten über das eigene sexuelle Wohlbefinden geredet.
Wie läuft ein Sexual Wellness Retreat im SHA Spain ab?Zunächst begeben sich mein Partner und ich getrennt und dann gemeinsam in eine Sexual Health Consultation mit Dr. Molina. Sie können sich das wie eine Paartherapiestunde vorstellen. "Zu den häufigsten Gründen, warum Männer eine Beratung zum sexuellen Wohlbefinden in Anspruch nehmen, gehören Erektionsstörungen, Leistungsangst, verminderte Libido und Harninkontinenz. Bei Frauen sind es: hormonelle Störungen, prämenopausale Symptome, vaginale Trockenheit, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, verminderte Libido und Harninkontinenz", sagt Cinthya Molina.
Mein Partner und ich haben keins der oben genannten Probleme, ich bin hormonell eingestellt. Allein ein häufiger Harndrang ist ein Problem, weshalb ich eine Session namens "Emsella" besuche. Hier sitze ich auf einer Art Rüttelstuhl, der die Beckenbodenmuskulatur stärken soll. Gleich danach bemerke ich keinen Unterschied, die Anwendung wird vom Hersteller des Geräts als Kur empfohlen. Zweimal wöchentlich für je eine halbe Stunde über einen Zeitraum von drei bis fünf Wochen. In der Paartherapie reden wir aber dennoch über Konfliktbereiche, die sich – wenn sie nerven und nicht irgendwann gelöst werden – negativ auf das Sexleben auswirken könnten. Nichts gegen Versöhnungssex, doch ständiges Gezanke resultiert oft eher in low libido meinerseits.
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