Das sind Berlins schönste Segelklubs – und die Schuhe, die Sie dort tragen sollten

Rund um den östlichen Long Island Sound sind die Bedingungen eigentlich bestens. Meistens weht dort eine mäßige Brise, die maximale Windgeschwindigkeit wird mit 16 Knoten, die durchschnittliche Wellenhöhe mit rund einem Meter angegeben. Schönstes Segelwetter vor der Ostküste der USA also, in einem Meeresarm zwischen New Haven und New York. Paul A. Sperry hat’s trotzdem von Boot gerissen.
Das Unglück, das sein Leben verändern sollte, ereignete sich Mitte der 30er-Jahre: Der Unternehmer und Hobbysegler war schlichtweg auf dem salzig-nassen Holzdeck ausgerutscht und von Bord gegangen, konnte sich mit Mühe und Not allein zurück aufs Boot hieven. Der Schock saß tief – und Sperrys Erfindungsgeist war geweckt.
Inspiriert durch die feinen Rillen in den Pfoten seines Cockerspaniels, der – anders als sein verunglücktes Herrchen – stets problemlos über das Deck sausen konnte, schnitt Sperry in Naturgummisohlen immer neue Muster hinein. Er testete sie auf ihre Rutschfestigkeit hin, veränderte oder verwarf sie, schnitt neue Linien, neue Formen ein, bis das ideale Profil gefunden – und 1935 der Bootsschuh zumindest mal erfunden war.

Zwar sollte es noch einige Entwicklungsschritte brauchen, sowohl durch die sodann gegründete Schuhmanufaktur Sperry als auch durch viele andere Firmen, bis das Modell seine heute so ikonische Form erhalten hatte. Die Mokassins mit dem signifikanten Lederriemen, der um die Einstiegsöffnung herumgezurrt und vorn als Schnürsenkel geschlossen einen besonders festen Halt verspricht, gehen jedoch auf den findigen Sperry zurück.
Die Einführung der Bootsschuhe war für Timberland rein pragmatischer Natur„Egal was man entwirft, ob es ein Schuh, ein Auto oder eine Jacke ist – ein tiefes Verständnis für die spätere Verwendung des Produkts ist eben immer hilfreich“, sagt Alex Dardinski und meint damit: Dass der Bootsschuh so erfolgreich geworden ist, dürfte auch daran liegen, dass er in seinen Grundzügen eben nicht von einem Designer, sondern von einem passionierten Hobbysegler entwickelt wurde. Nur finden die Modelle längst nicht mehr nur im Wassersport viel Anklang – und dafür wiederum sind dann doch Menschen wie Dardinski selbst verantwortlich.
Als Senior Director verantwortet er das Produktdesign der traditionsreichen amerikanischen Marke Timberland, die 1973 gegründet wurde und heute ebenso für ihre Bootsschuhe bekannt ist. „Ihre Einführung in unserer Firma war allerdings eher pragmatischer Natur“, sagt Dardinski. Eigentlich hatte Timberland zunächst nur robuste Stiefel produziert, im Sommer für den folgenden Winter. „Damit aber die Fabrik ganzjährig laufen kann, hat man eben die Bootsschuhe ins Sortiment aufgenommen“, die dann in den kalten Monaten für die kommende warme Saison gefertigt wurden.

Knapp 50 Jahre ist das her – das erste „3-Eye Lug Handsewn Boat Shoe“ genannte Modell wurde 1978 vorgestellt. Seitdem hat sich der Bootsschuh bei Timberland ordentlich weiterentwickelt. Es gibt ihn in der „Portofino Pier“-Variante mit einer schmalen hellen oder als „Stone Street“-Modell mit einer dicken Plateausohle, es gibt ihn aus beigefarbenem aufgerautem oder aus schwarzem glattem Leder, es gibt ihn in Blau, Orange und Grün – selbst mit Leopardenmuster werden Bootsschuhe mittlerweile angeboten.
Auch die Marke Sperry des Bootsschuh-Erfinders gibt es noch heuteDennoch hängt den Bootsschuhen ganz generell, also auch den Modellen von anderen Marken wie Aigle, Sebago, Henry Stevens oder eben der Firma Sperry, die es noch heute gibt, ein ambivalentes Image an: Viele finden sie bieder, altbacken, tradiert, was wohl auch an ihrem Ursprung im gediegenen Segelsport liegt. Allerdings: „Dieser Stil erlebt gerade ein großes Comeback“, sagt Alex Dardinski von Timberland und erinnert daran, dass seine Marke vor wenigen Wochen erst ein bananengelbes Modell in Zusammenarbeit mit dem überaus angesagten französischen Label Jacquemus vorstellte.
Es mag an der gesamtgesellschaftlichen Tendenz zum Konservatismus liegen, der eben auch die Mode erreicht – jedenfalls berichten die einschlägigen Journale tatsächlich selbiges: „Bootsschuhe für Herren sind 2025 im Trend“, schreibt die GQ, „Bootsschuhe laufen Loafern im Frühjahr 2025 den Rang ab“, prophezeit die Elle. Ein „verpönter Retro-Trend feiert sein Comeback“, so formuliert es die Brigitte, „2025 feiert dieser Spießerschuh ein Comeback“, heißt es bei Harper’s Bazaar.

Dazu zeigen die schönsten Modebilder, wie vielfältig die Modelle nun getragen werden: zu weiten Jeans und schmalen Röcken, mit weißen Söckchen oder ohne, im nostalgischen College Style oder zur lässigen Streetwear. Längst als Ikone erkannt, hat sich das stilistische Repertoire der Bootsschuhe erweitert – Klassiker gehen eben zu vielem gut, ähnlich ist das ja auch mit Chucks und Uggs, die in den vergangenen Jahren zu ganz unterschiedlichen Stilen getragen wurden.
Insofern glaubt Alex Dardinski, der Produktdesign-Direktor von Timberland, dass sich auch die adäquaten Anlässe vervielfacht hätten. „Bootsschuhe haben ihre Vielseitigkeit sowohl an Bord als auch an Land bewiesen“, sagt er, „allein in dieser Saison haben wir sie wirklich überall gesehen, vom Musikfestival bis zum Jachtklub.“
Wegen ihrer „traditionellen Leistungsmerkmale“ allerdings, so betont Dardinski, würden Bootsschuhe nach wie vor gerade unter Segelsportlerinnen und -sportlern besonders viel Anklang finden. Paul A. Sperry hätte das bestimmt gefreut.
Berliner-zeitung